Sigmund Freud Museum
Kaum eine Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts gehört so sehr zu Wien wie Sigmund Freud, der hier trotz seiner tiefen Abneigung gegenüber der Stadt 78 Jahre seines nur wenig längeren Lebens verbrachte. Bereits im Kleinkindalter zog Freud mit seiner Familie nach Wien. In der Berggasse 19, Wiens wohl bekanntester Adresse, eröffnete der Neurologe 1891 seine ärztliche Praxis. Insgesamt 47 Jahre lang lebte er mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in dem Haus, in dem er auch praktizierte, ehe er 1938, ein Jahr vor seinem Tod, vor den Nationalsozialisten nach London floh.
Wiens berühmtester Wissenschaftler erlangte als Begründer der Psychoanalyse noch zu Lebzeiten weltweite Bekanntheit. Sigmund Freud entwickelte ein theoretisches Modell, das die menschliche Psyche zu erklären versucht. Daraus ging eine eigene Behandlungsmethode als eine der grundlegenden Formen der Psychotherapie hervor. Freud selbst, der den Begriff der Psychoanalyse prägte und sich als Psychoanalytiker bezeichnete, definierte sie als "Verfahren zur Untersuchung seelischer Vorgänge, welche sonst kaum zugänglich sind".
Museum in langjährigen Praxis- und Wohnräumen
In seiner Praxis, wo Freud anfangs vor allem Frauen aus der Wiener Oberschicht behandelte, die an Neurosen litten, empfing der Wegbereiter eines der größten Abenteuer des 20. Jahrhunderts später Nervenkranke aus der ganzen Welt. Wer reich genug war, um sich die Reise nach Wien und die Analyse Freuds leisten zu können, der kam zu dem Arzt von Weltruf.
Sigmund Freud gilt auch als Erfinder der Couch, die sogar zum Synonym für die Psychotherapie wurden. Auf Wunsch einer Patientin verschwand Freud während der Gespräche aus ihrem Blickwinkel, verhielt sich ruhig und hörte ihr zu ohne selbst zu reden. Das Erzählen wurde so zum therapeutischen Akt. Fortan machte es sich jeder Patient auf seinem Sofa bequem, während der Seelenforscher am Kopfende saß.
Wer das vielzitierte Möbel im Wiener Sigmund Freud Museum sucht, das sich in den ehemaligen Ordinationsräumen und einem Teil seiner Privatwohnung befindet, wird enttäuscht werden. Wie sein gesamtes Hab und Gut nahm er es mit nach London. Alles was heute im Museum zu sehen ist, sind Geschenke, die seine Tochter Anna Freud zurück nach Wien brachte. Sie war nicht nur enge Vertraute ihres Vaters, sondern betätigte sich auch selbst als Psychoanalytikerin.
Freuds Leben und die Geschichte der Psychoanalyse
Die Dauerausstellung befasst sich mit Freuds Leben und der Geschichte der Psychoanalyse. Zu sehen ist beispielsweise das Wartezimmer mit den Originalmöbeln, in dem auch die Mittwochsgesellschaften stattfanden, zu denen sich jeweils etwa zehn Weggefährten von Freud trafen. Die "Bande", wie der Psychoanalytiker die Gruppe nannte, fachsimpelte nicht nur, sondern rauchte auch unendlich viele Tabakwaren. Freud konsumierte Tag für Tag 20 Zigarren aus Havanna. Sein Aschenbecher ist eins der Heiligtümer des Museums. Das Behandlungszimmer selbst ist leer und erzählt damit auf ganz eigene Art und Weise von Sigmund Freuds leben. Unterstützt von diversen Fotografien, die die Wände pflastern.
Neben originalen Einrichtungsgegenständen zeigt das am 15. Juni 1971 eröffnete Museum eine Auswahl aus Freuds privater Antikensammlung. Autografen und Erstausgaben seiner Werke geben Einblick in die Biografie Freuds, sein kulturelles Umfeld und die Entstehung der Psychoanalyse. Zudem werden einzigartige historische Filmaufnahmen aus seinem Privatleben gezeigt, die Tochter Anna zusammenstellte und kommentierte. Regelmäßig wechselnde Sonderausstellungen widmen sich unterschiedlichen Aspekten seiner Arbeit, seines Lebens und seines Wirkens.
Wer Freuds Couch sucht, der findet sie im Freud Museum in London, wo sich auch die anderen Möbel seines Behandlungszimmers finden.