Alter Jüdischer Friedhof (Starý židovský hřbitov)
Der Alte Jüdische Friedhof in Prag ist die wohl bekannteste jüdische Ruhestätte der Welt. Er liegt in der Josephstadt, dem einst jüdischen Viertel. Sehenswert ist der Friedhof besonders deshalb, weil hier unter den Kronen der Bäume rund 12.000 alte Grabsteine auf engstem Raum stehen und lehnen, zum Teil mehr oder weniger tief im Erdreich versunken. Was wie kunstvoll arrangiert aussieht, ist das Ergebnis purer Platznot. Ein einmaliges Bild, das der Vorschrift geschuldet ist, dass jüdische Gräber niemals eingeebnet werden dürfen. Auch die Grabsteine werden nicht entfernt.
Angelegt wurde der Friedhof im 15. Jahrhundert. Der älteste noch erhaltene Grabstein datiert aus dem Jahr 1439 und gehört dem Rabbiner und Schriftsteller Avigdor Kara. Allerdings handelt es sich nur noch um eine Kopie. Das Original befindet sich im Jüdischen Museum in der Maisel-Synagoge. Weil im jüdischen Ghetto wenig Platz war, wurde der etwa ein Hektar große Friedhof immer wieder mit Erde aufgeschüttet. Rund 100.000 Menschen, manche sagen sogar doppelt so viele, wurden hier in bis zu zwölf Schichten begraben. Die letzte nachweisliche Bestattung fand im Mai 1787 statt. Um den Platzmangel zu beheben, wurde 1890 der Neue Jüdische Friedhof in Žižkov eröffnet. Hier ist auch Franz Kafkas letzte Ruhestätte.
Das bekannteste Grab auf dem Alten Jüdischen Friedhof ist das von Rabbi Löw. Judah Löw hat die jüdische Gemeinde in Prag geprägt wie kein zweiter. Bis heute wird der 1609 verstorbene Gelehrte verehrt. Berühmt ist er auch deshalb, weil er der Sage nach auf dem Dachboden der Altneusynagoge den Golem erschaffen hat, der die Juden der Stadt beschützen sollte. An Rabbi Löws Begräbnisstätte ist die jüdische Tradition, statt Blumen kleine Steine aufs Grab zu legen, besonders deutlich sichtbar. Manchmal sind es hunderte am Tag, die hier abgelegt werden. Einige Besucher legen auch kleine Zettel mit Bitten und Wünschen nieder.
Symbole auf den Grabsteinen erzählen Geschichten
Die tausenden Denkmäler, überwiegend aus Sandstein hergestellt, erzählen alle eine Geschichte. Viele sind mit Zeichen geschmückt, die Namen, Herkunft oder Beruf symbolisieren. Wer Löw, Levy oder Jehuda hieß bekam beispielsweise häufig einen Löwen auf den Grabstein. Segnende Hände stehen für Mitglieder aus Priesterfamilien. Der Apotheker bekam einen Mörser, der Arzt eine Pinzette, der Buchdrucker ein Buch, der Musiker eine Geige, der Schneider eine Schere und so weiter. Symbole wie Kronen, Pinienzapfen oder Weintraueben stehen für Eigenschaften wie Gelehrsamkeit, Fruchtbarkeit und Fleiß.
Das Areal des jüdischen Friedhofs ist vollständig von einer Mauer umgeben. In die Umfriedung hat man 1866 einige gotische Grabsteine eingemauert, die von einem aufgelassenen älteren Friedhof in der Prager Neustadt stammen, dem sogenannten Judengarten. Er war der erste historisch nachgewiesene Judenfriedhof in Prag.
Betreten wird dieser magische Ort, der seit 1995 Volkskulturdenkmal ist, an der Pinkas-Synagoge. Vom Eingang führt ein vorgeschriebener Weg als Einbahnstraße durch den Friedhof und direkt zum Ausgang. Der vom Jüdischen Museum verwaltete Friedhof gehört zu den Hauptattraktionen der Goldenen Stadt. Wer die einzigartige Atmosphäre spüren möchte, der sollte früh morgens hierkommen, wenn man von den Touristenmassen noch nicht umhergeschubst wird. Neben der Pinkas- wird der Alte Jüdische Friedhof auch von der Klaus-Synagoge eingerahmt.