Fernsehturm Žižkov (Žižkovský vysílač)
Mit seinen 216 Metern ist der Prager Fernsehturm, der zwecks internationaler Vermarktung Tower Park Praha genannt wird, zweifelsfrei das höchste Bauwerk der Stadt. Mehr noch: Er ist auch der höchste Turm Tschechiens mit der höchsten Aussichtsplattform des Landes. Mächtig Zweifel hingegen gibt es an seiner umstrittenen Ästhetik. Von einem amerikanischen Reiseportal wurde der Fernsehturm 2009 zum zweithässlichsten Gebäude der Welt gewählt, womit er nun ganz offensiv wirbt.
Schon während des Turmbaus, der von 1985 bis 1992 dauerte, musste sich der Architekt Václav Aulický heftige Kritik der Bevölkerung gefallen lassen. Dabei hat er mit dem Fernsehturm ganz bewusst einen scharfen Kontrastpunkt zum historischen Umfeld setzen wollen. Doch selbst unter Befürwortern der High-Tech-Architektur gilt dieses Ergebnis als fragwürdig. Und so rangiert der Tower Park Praha stets ziemlich weit oben, wenn es um die unansehnlichsten Bauten auf unserem Planeten geht.
Das letzte sozialistische Bauwerk Prags, Symbol für das kommunistische Regime und die repressiven achtziger Jahre, steht etwas erhöht zum Stadtkern im ehemaligen Arbeiterstadtteil Žižkov, der heute eher ein Mittelschichtrevier ist. Für den Bau musste ein Teil des Jüdischen Friedhofs in Žižkov weichen, auch das war ein Grund für Auseinandersetzungen. Der kümmerliche Rest des Friedhofs befindet sich nun in dem kleinen Park, der den Turm umgibt. Abgegrenzt von einer Mauer kann der Friedhof montags, mittwochs und freitags begangen werden.
Aussichtsplattform in 93 Metern Höhe
Die Konstruktion des Fernsehturms besteht aus stahlverkleideten Betonsäulen, die jeweils 134 Meter hohen sind. Die dickste der drei Säulen hat einen Durchmesser von 6,4 Metern und trägt den Antennenmast. In ihr befinden sich außerdem die beiden Besucheraufzügen. In den beiden dünneren Säulen, die einen Durchmesser von 4,8 Metern haben, befinden sich ein Lasten- und Personalaufzug sowie ein Treppenhaus. Das Fundament für die Säulen liegt in 15 Metern Tiefe.
Zwischen den Säulen wurden auf drei Ebenen Geschosse eingezogen, deren Kabinen wie Erker zwischen den Säulen herausragen. Im ersten Geschoss befindet sich auf 66 Metern die ambitionierte Gastronomie mit Bar, Café und Restaurant. Außerdem ist hier auf 70 Metern das mit fünf Sternen ausgezeichnete One Room Hotel* untergebracht. Das komfortabel und modern ausgestattete Apartment kostet bis zu 1.000 Euro pro Nacht und demonstriert damit eindrucksvoll, wie sehr der Fernsehturm im Kapitalismus angekommen ist. Der größte Luxus dieser einmaligen Unterkunft ist allerdings der Ausblick auf Prag. Böse Zungen behaupten, der Blick sei insbesondere deshalb so schön, weil man von hier den Fernsehturm nicht sehen könne.
Für deutlich weniger Geld kann man den fantastischen Ausblick sogar als 360-Grad-Panorama von der Aussichtsplattform genießen. Mit einem Expressaufzug geht es innerhalb von 38 Sekunden zum 93 Meter hoch gelegenen Observatorium. Weil es bis Mitternacht geöffnet hat, kann man sich Prag von hier sowohl am Tag als auch in der Nacht anschauen. Die Aussichtsetage wurde in drei Kabinen mit einem Verbindungsraum aufgeteilt. Jede der drei Kabinen unterscheidet sich thematisch und ermöglicht es, die interessantesten und schönsten Plätze Prags aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Futuristisch, selbst im Inneren
Überhaupt können sich die Innenräume vom Tower Park Praha nach ihrer vollständigen Renovierung 2011/12 sehen lassen. Auch hier dominiert modernes Design, allerdings deutlich geschmackvoller als man es von außen vermuten würde. Entsprechend gefragt sind die Räumlichkeiten auch für Veranstaltungen.
In der obersten, unverglasten Etage befindet sich die Rundfunktechnik. Denn so viel der Fernsehturm in Vergleich mit diversen verwaisten Kollegen in Deutschland auch zu bieten hat, dient er nach wie vor hauptsächlich der Ausstrahlung des Fernseh- und Radioprogramms, aber auch zu Telekommunikationszwecken und als Wetterstation. Während des Kommunismus witterten die Prager hier allerdings eine Kontrollstation, um westliche Radiowellen abzublocken oder sogar eine spezielle Kommunikationsanlage des Warschauer Paktes, die im Kalten Kriege eingesetzt werden könnte.
Mittlerweile jedoch haben sich die meisten Prager mit dem Fernsehturm Žižkov versöhnt, auch wenn sich einige von ihnen nach der Wende erfolglos für den Abriss stark machten. Vielleicht liegt das ja auch an den Riesenbabys, die an den Säulen des Turms krabbeln. Die Installation des tschechischen Künstlers David Černý, im Jahr 2000 initiiert, war eigentlich nur vorrübergehend gedacht. Doch mittlerweile ist ein Verzicht auf die Skulpturen undenkbar und so werden sie gemeinsam mit den drei Säulen jede Nacht in den tschechischen Nationalfarben angestrahlt.