National September 11 Memorial & Museum
Bereits kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 stand fest, dass das World Trade Center (WTC) in New York, eins der Anschlagsziele, wiederaufgebaut werden sollte. Genauso schnell fest stand jedoch auch, dass man die Fläche, auf der die Zwillingstürme standen, unbebaut lassen wollte.
Obwohl Architekt Daniel Libeskind zuvor bereits einen Masterplan für den Wiederaufbau des World Trade Center samt Gedenkstätte vorlegte, wurde im Frühjahr 2003 ein internationaler Wettbewerb für das Mahnmal samt Museum ausgerufen. Es wurden 5.200 Entwürfe eingesandt. Als Sieger ging Michael Arad hervor, der sich grob an der Grundidee Libeskinds orientierte. Aber auch dieser höchst ambitionierte Plan wurde in den folgenden, von Konflikten zwischen allen Beteiligten geprägten Jahren mehrfach überarbeitet. Schier endlose Kontroversen die beweisen, wie schwer es ist, Gedenken und Geschäft zu vereinen.
Wasserbecken nehmen Standort der Zwillingstürme ein
Exakt dort, wo früher die beiden höchsten Wolkenkratzer von New York ihre "Fußabdrücke" hinterließen, wurden ab 2006 zwei quadratische Becken errichtet, die mit einer Seitenlänge von jeweils 60 Metern genau so groß sind wie einst die Grundflächen der Zwillingstürme.
An den neun Meter hohen Seitenwänden beider Granitbecken fällt Wasser pausenlos in die Tiefe, um anschließend in einer viereckigen Öffnung in der Mitte des Beckengrunds ins Dunkel zu fallen. Das Wasser verschwindet genauso von der Bildfläche, wie die bei den Anschlägen Getöteten aus dem Leben ihrer Mitmenschen verschwanden. Einige von ihnen ohne Spuren zu hinterlassen, wiederum genauso wie das Wasser.
Rund um die beiden Bassins wurden etwa auf Hüfthöhe durchgehende Bronzeplatten angebracht, die die Becken einrahmen. In diese Platten wurden die Namen aller 2.977 Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 gefräst. Nicht nur die Namen der Opfer, die im oder um das World Trade Center ums Leben kamen, sondern auch deren Namen, die in den vier entführten Flugzeugen und im ebenfalls attackierten Pentagon, dem Verteidigungsministerium der USA, starben. Außerdem sind hier auch die sechs beim Bombenanschlag auf das WTC im Jahr 1993 Getöteten verewigt. Ihr Denkmal, das direkt neben den Türmen stand, wurde bei dessen Einsturz zerstört.
2.983 Opfernamen in Bronze gefräst
Auch bei der Anordnung der Opfernamen auf den Bronzeplatten hatten alle Beteiligten andere Vorstellungen. So bestand die Feuerwehr beispielsweise darauf, dass die Namen ihrer verstorbenen Kollegen nicht mit denen von Zivilisten vermischt würden. Viele der Opferangehörigen wollten, dass nicht nur die Namen, sondern auch Alter, Beruf und Arbeitgeber festgehalten werden. Auf letzteres zumindest verzichtete man.
Ansonsten jedoch berücksichtigte Michael Arad bei der Namensanordnung 1.200 Wünsche. Statt in alphabetischer Folge gereiht, sind die Namen nun nach einem organischen System geordnet. Die Haupteinteilung erfolgte nach Opfergruppen (zum Beispiel Feuerwehr) und Todesorten (zum Beispiel Pentagon). Innerhalb dieser Gruppierungen wiederum werden Familien, Kollegen und Nachbarn gebündelt genannt. Ein für alle Beteiligten akzeptables System zu finden hat Arad ein Jahr gekostet. Auf die Nennung der 19 ebenfalls gestorbenen Flugzeugentführer wurde verzichtet.
Ein Birnbaum und hunderte Eichen
Zum Mahnmal, das das Herzstück des neuen World Trade Center bildet, gehören auch hunderte Bäume, die um die beiden Bassins gepflanzt wurden. Für das Bepflanzungskonzept zeichnet sich Peter Walker verantwortlich, der bereits die Gestaltung des Innenhofs des Sony Center in Berlin übernahm.
Mit der Pflanzung von 400 Sumpfeichen, die bis zu 20 Meter groß werden, verwandelte er den inmitten der lautstarken Hektik Manhattans gelegenen Ort des Gedenkens in einen fast schon abgeschiedenen Hain. All die Umgebungsgeräusche werden vom Rauschen der künstlichen Wasserfälle übertönt, hin und wieder nur durchdrungen von Sirenen.
Unter den lauter Bäumen sticht einer hervor, weil er anders aussieht als die anderen. Statt um eine Eiche, handelt es sich um einen Birnbaum. Er wurde im Oktober inmitten der Trümmer entdeckt. Obwohl zahlreiche Äste abgebrochen, die Borke verbrannt und die Wurzeln zerhackt waren, konnte der Baum aufgepäppelt werden. Er wurde "Survivor Tree" (Überlebensbaum) getauft und dient als lebendiges Symbol für Überlebenskraft und Widerstandsfähigkeit.
"Reflecting Absence"
Der Name des Mahnmals lautet "Reflecting Absence", was sinngemäß mit "sei dir bewusst, was fehlt" zu übersetzen ist. Er macht noch einmal deutlich, dass die Wasserbecken die Abwesenheit der Opfer und der Türme symbolisieren. Gleichzeitig ist es ein Wortspiel, das auf die umgebenen Hochhäuser hinweist, die sich in der Wasseroberfläche spiegeln.
Das schlichte Design der Granitbecken sorgt für Minimalismus, die schiere Größe jedoch gleichzeitig für Monumentalismus. Letzterer spiegelt sich auch in den Baukosten von 700 Millionen Dollar wieder. Finanziert über Spenden.
Eröffnet wurde die oft auch schlicht als "9/11 Memorial" bezeichnete Gedenkstätte am 12. September 2011 und damit deutlich später als geplant. Einen Tag zuvor, am Jahrestag der Terroranschläge, hatten Angehörige und Helfer die Gelegenheit das Mahnmal in aller Ruhe zu erkunden.
"Tribute in Light"
Auch nach Eröffnung der Gedenkstätte ist zum Jahrestag der Anschläge das Lichtdenkmal "Tribute in Light" zu sehen. Zwei vertikal in den Himmel strahlende Lichtsäulen bilden die eingestürzten Zwillingstürme des World Trade Center nach. "Tribute in Light" wurde im Frühjahr 2002 erstmals installierte und war eigentlich nur als einmonatiges Schauspiel gedacht. In den Folgejahren jedoch wurden die aus 88 Scheinwerfern erschaffenen Lichttürme immer zu den Jahrestagen aktiviert. Diese Tradition wird fortgesetzt.
Zum 9/11-Mahnmal gehört auch ein Gedenkmuseum. Es wurde am 15. Mai 2014 unter Beisein von Präsident Barack Obama eröffnet. Bis es ab dem 21. Mai 2014 für alle zugänglich war, stand des zunächst ausschließlich den unmittelbar Betroffenen der Terroranschläge offen.
Museum zeigt tausende Überreste der Anschläge
Das 9/11-Museum zeigt auf 10.000 Quadratmetern tausende Gegenstände, die das Ausmaß der Terroranschläge verdeutlichen. Zu sehen sind zum Beispiel verkohlte Dokumente aus den Büros des WTC, eine zerfetzte Kleinkindpuppe, verstaubte Kreditkarten und mit eingetrocknetem Blut gefärbte Schuhe. Alles Hinterlassenschaften der Toten, gefunden in den Trümmern.
Erschütternd auch die Großexponate wie ein zerstörter Aufzugmotor des Nordturms, der die Flucht für viele unmöglich machte, ein während den Rettungsarbeiten demoliertes Feuerwehrfahrzeug, diverse Wrackteile der entführten Flugzeuge und Reste einer Fluchttreppe. Ein vollkommen verbogener Stahlträger verdeutlicht die Wucht, mit der die Flugzeuge ins World Trade Center schossen und die dadurch hervorgerufene Hitzeentwicklung, die die beiden Hochhäuser letztlich zum Einsturz brachte.
Ausgestellt ist auch ein Fahrradständer, der am Fuße der Wolkenkratzer stand. An ihm sind mehrere Fahrräder angeschlossen. Nur ein Besitzer meldete sich nach den Anschlägen und wollte sein Fahrrad zurück. Ähnlich beeindruckend ist die Originalauslage eines Bekleidungsgeschäfts aus der Umgebung. Der Inhaber wollten den Schrecken des 11. Septembers festhalten und hat Jeans, Pullover und T-Shirts genauso verstaubt hängen bzw. liegen gelassen, wie sie durch die Anschläge hinterlassen wurden.
Museum und Friedhof
In der Memorial Hall erinnern Fotos an die verstorbenen Opfer. In der Foundation Hall steht die letzte Betonsäule des Gebäudekomplexes, die im Mai 2002 geborgen wurde. Bergungshelfer und Überlebende haben darauf unterschrieben und sie mit Andenken und Fotos beklebt.
Das 9/11-Museum, dessen Ziel es auch ist über die Hintergründe und Nachwirkungen der Terroranschläge aufzuklären, ist zugleich ein Friedhof. Genau 7.930 überwiegend winzige Leichenteile, die keinen Personen zugeordnet werden konnten, haben in den Katakomben ihre letzte Ruhe gefunden. Es handelt sich vorwiegend um Hautfetzen und Knochensplitter, vakuumverpackt in Plastikbeuteln. Viele Angehörige haben gegen die letzte Ruhestätte im Museum protestiert, weil sie nicht wollten, dass ihre Liebsten zu Museumsstücken werden.
Zugang zum unterirdischen Museum, das sich über sieben Etagen erstreckt, erhält man über einen keilförmigen Eingangspavillon aus Glas, der etwas versetzt zwischen den beiden Wasserbecken steht. Während der Eintritt zum Museum kostenpflichtig ist, kann das Mahnmal kostenlos besucht werden, wenngleich eine Spende erwartet wird.