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Alter Nordfriedhof

Beerdigte wurde auf dem Alten Nordfriedhof seit Jahrzehnten niemand mehr. Stattdessen entwickelte sich die Begräbnisstätte im Laufe der Zeit zu einer beliebten Grünfläche. Hier wird nicht nur flaniert und gejoggt, sondern auf Bänken und Liegewiesen, ja sogar in mitgebrachten Hängematten gelesen, gepicknickt, geratscht oder einfach nur gedöst. Auch für Kinder, die zwischen den Grabstellen umhertollen, ist der Friedhof eine Freizeitoase inmitten der dichten Bebauung der Maxvorstadt.

Weil der südlich gelegene Friedhof zu klein geworden war, wurde der Nordfriedhof ab 1866 nach Entwürfen des Stadtbaurats Arnold Zenetti angelegt. Eröffnet wurde er am 5. Oktober 1868, noch am selben Tag fand die erste Beisetzung statt. 9.000 Familiengräber und 30 Grüfte in den Arkaden sah er damals vor.

Picknick statt Beerdigung

Vorbild für den zweiten Münchener Friedhof war ein typisch italienischer Campo Santo: Die Grabfelder wurden in 16 gleichmäßige Rechtecke gegliedert und von einer Arkadenmauer umgeben. Ein großes Kreuz des Bildhauers Halbig ist noch heute die Achsenmitte des nicht allzu großen Friedhofs. Die hohe Backsteinmauer, die ihn umgibt, dämpft seitjeher den Großstadtlärm.

Weil der Gottesacker den Plänen für die Hauptstadt der Bewegung im wahrsten Sinne des Wortes im Wege stand, stellten die Nationalsozialisten 1939 den Beerdigungsbetrieb ein. Sie wollten die Isabellastraße mit der Luisenstraße verbinden, um so eine Prachtallee zu gewinnen. Einzig der Friedhof war im Weg. Bis 1944 gab es noch einzelne Beerdigungen in bestehenden Familiengräbern. Von 1868 bis 1944/45 wurden hier 62.000 Menschen bestattet.

Durch die Gefechte des Zweiten Weltkriegs wurde der Alte Nordfriedhof stark beschädigt. Fast alle der Friedhofsbauten wurden dem Erdboden gleichgemacht. Da ohnehin fast alle Grabfelder belegt waren und auf den anderen mittlerweile geschaffenen Großfriedhöfen genügend Platz zur Verfügung stand, entschied mach sich in den Nachkriegsjahren den Friedhof nicht mehr zu öffnen.

Nur noch 800 Gräber

Von den einst über 7.000 Gräbern sind heute nur noch rund 800 erhalten. Sie jedoch reichen für eine lehrreiche Geschichtsstunde. Die alten Grabsteine berichten von einer Zeit, als die Berufsbezeichnung noch etwas galt, die Emanzipation der Frau aber noch gehöriges Potential besaß. So liest man von Schlachtenmalern und Verwaltungsgerichtshofsboten, aber eben auch von der Amtsrichtersgattin und der Lederhändlerswitwe. Alteingesessene Münchener Familien pflegen nach wie vor ihr Gräber.

Die Geschichtsstunde ist eine freiwillige, sie drängt sich nicht auf. Das urbane Naturparadies da schon mehr. Schließlich ist der Alte Nordfriedhof auch Lebensraum zahlreicher Pflanzen und Tiere. Infotafeln klären zum Beispiel darüber auf, dass ein einziger Laubbaum der Begräbnisstätte pro Jahr einhundert Kilogramm Staub bindet. Die Baumwipfel sind durch ihr Blätterkleid im Sommer stets blickdicht geschlossen, so dass es sich hier besonders an heißen Tagen gut aushalten lässt.

Als Ort der Begegnung ist der Alte Nordfriedhof ein Platz, an dem Leben und Tod sich sehr nahe sind. Die gegenseitige Rücksichtnahme der verschiedenen Nutzergruppen macht es möglich. Das denkmalgeschützte Areal strahlt eine Friedlichkeit und Ruhe aus, die sich auf seine Besucher zu übertragen scheint.

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