Le Paradis du Safran
Über 90 Prozent des Safrans stammt aus dem Iran, doch auch in Marokko wird er angebaut. Etwa 30 Kilometer entfernt von Marrakesch kann man sogar ein ganzes Paradies besuchen, das sich dem edlen Gewürz verschrieben hat. Die Schweizerin Christine Ferrari ist 2008 ausgewandert, hat nach einem ersten Rückschlag 2,5 Hektar Land vom Staat gepachtet und 600.000 Krokusknollen in den Boden des grünen Tals von Ourika gesteckt.
"Vor wenigen Jahren wusste ich noch nicht einmal wie man einen Salat anpflanzt.", beginnt die mutige Frau ihre kleine Einführung zu ihrem ganzen Stolz, dem botanischen Garten samt Safranfeld. Täglich empfängt sie hier Touristen, mittlerweile mehrere tausend pro Jahr. Jeden einzelnen heißt sie herzlich willkommen, anfangs mit einem erfrischenden Glas Wasser, das mit Rosenblättern aromatisiert wurde, später mit einem goldgelben Safrantee.
Die beste Zeit für einen Besuch ist der November, denn dann blühen die Krokusse drei Wochen lang und der Safran kann geerntet werden. Am frühen Morgen sieht man dann bis zu 50 Berberfrauen aus den benachbarten Dörfern die lilafarbenen Blüten pflücken. In jeder Blüte befinden sich in der Regel drei Safranfäden, die ebenfalls von Hand gezupft werden müssen. Diese Arbeit erfolgt ab dem Mittag an großen Tischen, nicht selten bei ausgelassenem Gesang, der der harten Arbeit ein wenig Leichtigkeit verleiht.
Spitzenqualität für Spitzenköche
Für ein Kilogramm Safran werden 150.000 bis 200.000 Krokusblüten benötigt. Auch deshalb gilt Safran als teuerstes Gewürz der Welt. Wer das Le Paradis du Safran besucht, erfährt in einem kleinen Seminar, woran man echten Safran von einer Fälschung erkennt. Mehr als 80 Prozent des weltweit verkauften Safrans sind nämlich gar keiner. Das aromatische Gewürz ist so wertvoll, dass von Fleischfasern bis Plastik alles eingefärbt wird, was irgendwie ähnlich aussehen kann.
Natürlich kann man den Safran von Christine Ferrari auf der Plantage auch käuflich erwerben. Mit 25 Euro pro Gramm ist er fast dreimal so teuer wie in den Souks von Marrakesch. Dafür erhält man aber bio-zertifizierte Spitzenqualität, auf die selbst Spitzenköche setzten. Zwar kann auch der Safran für acht Euro pro Gramm echt sein, doch er enthält meist mehr Abfallprodukte wie die hellgelben Blütenstängel. Ferraris Safran hingegen ist tiefrot und man benötigt deshalb einfach weniger des kostbaren Gewürzes für die gleiche Zubereitungsmenge.
Doch auch wenn die Safranernte nicht ansteht, lohnt sich ein Besuch bei der Schweizer Aussteigerin, die früher immer gut geschminkt mit Kostüm und Stöckelschuhen zur Arbeit ging. Die Vorgesetzte von 45 Mitarbeitern verdiente gut und fühlte sich doch leer. Heute hingegen sagt sie, dass sie kaum Geld habe, aber dafür um ein vielfaches reicher sei.
Botanischer Garten mit über 100 Pflanzenarten
Reich an Pflanzen beispielsweise, die wir als mitteleuropäische Gartenbesitzer nur neidvoll bestaunen können. Allein die Vielfalt an Zitrusfrüchten, die im Paradis du Safran wachsen, ist beeindruckend. Clementinen, Grapefruits, Kumquats, Orangen, Pomelos, Zitronen und dergleichen mehr hängen in Scharen an den Bäumen. Hinzu kommen ferne Exoten wie Aloe Vera, Mango, Maracuja, Papaya und Physalis sowie viele Rosen. Außerdem unzählige Gewürze und Kräuter. Der duftende Rosmarin wächst hier gleich als meterlange Hecke. Insgesamt sind es über 100 Pflanzenarten. Und ein paar Tiere wie Esel und Pfauen gibt es auch noch.
Wem beim Gartenrundgang das Wasser im Munde zusammengelaufen ist, der sollte es sich nicht entgehen lassen, sich hier mit einem Menü kulinarisch verzaubern zu lassen. Natürlich kommt der Spitzensafran gleich zum Einsatz, genauso wie die anderen Schätze des Gartens. Während man an den mit frischen Blumen dekorierten Tischen im Garten bereits schlemmt, kann man die Berberfrauen dabei beobachten, wie sie die Zutaten für den nächsten Gang ernten. Nach dem Essen kann man den liebevoll angelegten Barfußpfad entdecken oder die nackten Füße in unterschiedlichen Fußbädern entspannen lassen.
Wer sich die Zeit nimmt um mit allen Sinnen ins Le Paradis du Safran einzutauchen, der wird schnell feststellen, mit welcher Leidenschaft Christine Ferrari hier Safran anbaut und ihre Gäste betreut. Mit einer enormen Liebe zum Detail ist es jeden Tag aufs Neue das Bestreben von Ferrari und ihren einheimischen Mitarbeiterinnen, den Besuchern ein paar glückliche Stunden fernab des Trubels von Marrakesch zu bereiten. Da gelingt ihr auch dank der früher einmal absolvierten Hotelausbildung so gut, dass das Paradis du Safran mittlerweile auch ein Tourismusfaktor für die Region geworden ist.