Krakauer Tuchhallen (Sukiennice w Krakowie)
Mitten auf dem wunderschönen Hauptmarkt stehen die Krakauer Tuchhallen, die den größten mittelalterlichen Marktplatz Europas in zwei gleichgroße Teile trennen. Seitjeher wird hier, im gewissermaßen ältesten Einkaufzentrum Krakaus, reger Handel betrieben. Wo heute Andenken und Kunsthandwerk zu erwerben sind, lies Herzog Bolesław der Schamhafte 1257 eine Doppelreihe gemauerter Marktstände errichten.
Bevor hier mit verschiedensten Waren aus ganz Europa gehandelt wurde, waren es vorwiegend englische und flämische Tücher, die den Hallen bis heute ihren Namen geben. Nachts fuhren mit allen erdenklichen Gütern beladene Pferdefuhrwerke in die enge Passage zwischen den Krämerläden um neue Waren zu liefern. Die Seiteneingänge waren zum Schutz vor Dieben mit Metallgittern versperrt.
Monument Krakauer Handelstradition
Im Jahre 1358 ließ König Kasimier der Große die Marktreihe überdachen, so dass ein großes, gotisches Backsteingebäude mit einer Breite von 18 Metern und einer Länge von 108 Metern entstand. In die hohe Halle führten an der Nord- und Südseite die bis heute erhaltenen spitzbögigen Doppeltore. Das von Stadtbaumeister Marcin Lindintolde errichtete Monument der jahrhundertealten Handelstradition Krakaus, fiel 1555 den Flammen eines Feuers zum Opfer.
Der drei Jahre währende Neubau machte die Krakauer Tuchhallen zu einem stattlichen Gebäude im Renaissancestil. Der italienische Architekt und Bildhauer Santi Gucci entwarf das Tonnengewölbe und die umlaufende Attika mit flachen Arkaden und Maskaronenköpfen, die durch die Gesichtszüge der damaligen Magistratsmitglieder inspiriert worden sein sollen. Die Loggien entstammen einem Entwurf von Giovanni Maria Padovano. Im Jahre 1601 wurde in der Mitte des Gebäudes ein Durchgang durchgebrochen.
Im Laufe der Zeit verloren die nicht renovierten Tuchhallen ihren Glanz. Ihr heutiges Aussehen erhielten sie von 1875 bis 1878 während umfassender Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten, für die sich der Architekt Tomasz Pryliński, ein Schüler von Jan Matjeko, verantwortlich zeichnete. Matjeko selbst war ebenfalls am Umbau beteiligt und entwarf die an den Längsseiten angebauten neugotischen Arkaden mit Säulenkapiteln. Eine technische Neuheit war die damals installierte Gasbeleuchtung, die noch heute funktionsfähig ist.
Gemäldegalerie der polnischen Malerei und Bildhauerei des 19. Jahrhunderts
Die während des großen Umbaus im Obergeschoss entstandenen Ausstellungsräume bildeten den ersten Sitz des Krakauer Nationalmuseums, das als Zweigstelle noch heute die Gemäldegalerie der polnischen Malerei und Bildhauerei des 19. Jahrhunderts beherbergt.
Im Innenraum der lang gestreckten Tuchhallen, wo die Händler wie zu Urzeiten links und rechts an hölzernen Verkaufsständen ihre Waren anbieten, finden sich an den Wänden über den Ständen polnische Stadtwappen und Zunftzeichen. Im Erdgeschoss befindet sich auch das bekannte Café Noworolski, in dem das Jugendstilinterieur und die Wandgemälden von Henryk Uziembło und Józef Mehoffer sehenswert sind.
Einer Legende nach war das über dem Eingang zu den Krakauer Tuchhallen hängende Messer das Tatwerkzeug, mit dem der jüngere eines Geschwisterpaars seinen älteren Bruder tötete, der im Bauwettstreit um den größeren und schöneren der beiden Türme der Marienkirche in Führung lag. Andere Quellen wiederum besagen, dass mit seiner Klinge die Ohren von Dieben abgeschnitten wurden.