Kirche der Mutter Gottes, der Königin von Polen (Kościół Matki Bożej Królowej Polski)
Lange haben sich die Kommunisten gewehrt, den Bewohnern von Nowa Huta den Bau einer Kirche zu erlauben. Doch die Stahlarbeiter blieben hartnäckig. 1956 wurde die Zustimmung erteilt, bald darauf jedoch wieder zurückgenommen. Offiziell wurde dies mit Munitionsfunden am geplanten Standort begründet. Geschosse und Minen im Boden würden den Bau unmöglich machen.
Die sehr katholischen Polen kämpften weiter für ihr Gotteshaus, im wahrsten Sinne des Wortes. Immer wieder kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen den Gemeindemitgliedern sowie der Armee und Polizei. Dabei kam es auch zu Todesopfern. Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen war der 27. April 1960, als Anwohner ein Holzkreuz gegen die Staatsgewalt verteidigten. Das Kreuz wurde 1957 an der Stelle aufgestellt, an der die Kirche gebaut werden sollte.
Jahrelanger Kampf für die erste Kirche in Nowa Huta
Trotz des Widerstands der Behörden hielt der damalige Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyła, bereits in den 1960er-Jahren unter dem Kreuz wiederholt die Heilige Messe. Den Bemühungen des späteren Papstes ist es schließlich auch zu verdanken, dass im Juli 1965 doch noch eine Baugenehmigung erwirkt werden konnte.
Der erbitterte Kampf für eine Kirche sorgte weltweit für Aufsehen. Als es dann endlich so weit war, spendeten Gemeinden aus der ganzen Welt Baumaterialien und Ausstattungsgegenstände für das bewilligte Gotteshaus. Papst Paul VI. sendete nicht nur Geld, sondern sogar einen Grundstein aus dem Petersdom. Besonders ist auch der Rutilkristall vom Mond, den die Besatzung der Apollo 11 mitbrachte und der das Tabernakel schmückt.
Am 14. Oktober 1967 segnete Karol Wojtyła den Bauplatz, am 18. Mai 1969 fand die Grundsteinlegung statt und am 17. Mai 1977 konnte der mittlerweile zum Kardinal ernannte Wojtyła die Kirche der Mutter Gottes, der Königin von Polen einweihen. Ein Jahr bevor sein Pontifikat begann.
Architektonisch der Arche Noah nachempfunden
Besser bekannt ist die Kirche auch als Arche des Herrn (Arka Pana). Diesen Namen hat sie ihrer futuristischen Form zu verdanken. Nicht ohne Grund sieht das Bauwerk von außen aus wie die Arche Noah, die dem biblischen Mythos nach auf dem Berg Ararat gestanden haben soll. Ihre Architektur war eine Anspielung auf die Überzeugung, dass das Christentum den Kommunismus überleben würde.
Die geschwungene Fassade besteht aus zwei Millionen Gebirgsflusskieseln, die mit Beton gebunden wurden. Ein nicht unerheblicher Teil der Fassade besteht aus Glas. Insbesondere die große Glasfront macht die Arche des Herrn sehr hell. Der Mast des schiffsähnlichen Baus ist ein großes Kreuz. Die Glocken der Kirche hängen für alle sichtbar außerhalb des Gebäudes. Insgesamt sieben Portale - als Symbol für die sieben Sakramente - führen in die Kirche.
Symbol für den Widerstand gegen die kommunistischen Machthaber
Der noch heute sehr moderne Kirchenbau des Architekten Wojciech Pietrzyk zählt aufgrund seiner Geschichte und Gestaltung zu den eindrucksvollsten in ganz Europa. Aufgrund seines eigenwilligen Stils wird er häufig mit der Kapelle Notre-Dame-du-Haut de Ronchamp von Le Corbusier verglichen. Vor allem aber ist die Kirche der Mutter Gottes, der Königin von Polen ein Symbol für den Widerstand gegen die kommunistischen Machthaber mitten in der ersten sozialistischen Stadt Polens.
Der Innenraum der Kirche ist sehr minimalistisch gehalten. Ins Auge springt sofort die hagere, lebensgroß gestaltete Statue des gekreuzigten Jesus, die deutlich überstreckt ist und den Blick gen Himmel richtet. Der Christus von Bronisław Chromy wirkt so, als wolle er sich von seiner Kreuzigung lösen und symbolisiert damit die Auflehnung gegen den Kommunismus. Wie ein gespanntes Segel wendet sich die Bronzestatue den Gläubigen zu.
Die Arche des Herrn war nicht nur die erste Kirche im sozialistischen Arbeiterstadtteil Nowa Huta, sondern auch das erste im Nachkriegspolen geweihte Gotteshaus. Ihr Bau gab den Anstoß für die Errichtung vieler weiterer Kirchen in Polen, die häufig bis heute durch mutige Architektur im postmodernen Stil bestechen.