Adam-Mickiewicz-Denkmal (Pomnik Adama Mickiewicza)
In fast jeder polnischen Stadt steht ein Denkmal für den polnischen Nationaldichter Adam Mickiewicz. Das auf dem Hauptmarkt in Krakau jedoch gehört zu den bekanntesten Statuen in ganz Polen. Dabei war Mickiewicz zeit seines Lebens nie in Krakau.
Der Dichterfürst und wichtigste Vertreter der polnischen Romantik lebte in einer Zeit, in der der polnische Nationalstaat nicht existierte. Er wurde am 24. Dezember 1798 im damaligen Russischen Kaiserreich, dem heutigen Weißrussland, geboren und verstarb 1855 im Konstantinopel des Osmanischen Reichs, dem heutigen Istanbul. In Gedenken an seinen Geburtstag wird das Adam-Mickiewicz-Denkmal an Heiligabend von den Krakauer Floristen mit Blumen geschmückt.
Kunstwerk von Teodor Rygier
Zwar war die grundsätzliche Errichtung eines Denkmals für Adam Mickiewicz in Krakau wenig umstritten, doch die Realisierung war mit langen Auseinandersetzungen über Form und Standpunkt verbunden. Es bedurfte drei Wettbewerbe, bis der Entwurf des aus Warschau stammenden aber in Rom lebenden Bildhauers Teodor Rygier als Sieger gekürt wurde. Die Krakauer Bevölkerung war von der Auswahl und dem Ergebnis wenig begeistert. Schließlich war unter den 60 Teilnehmern an der Ausschreibung auch der wesentlich bekanntere und beliebtere Künstler Jan Matejko. Rygiers Werk galt zudem als enttäuschend, fast schon kitschig.
Nachdem im November 1889 die Verträge zwischen dem Künstler und der Stadt unterzeichnet wurden, konnte Teodor Rygier mit seinem Werk beginnen. Das Denkmal entstand in einem Studio in der ulica Długa unter der Aufsicht eines künstlerischen Ausschusses. Die Figuren des Adam-Mickiewicz-Denkmals wurden in der Nellich-Gießerei in Rom gefertigt. Bevor schließlich die Wahl des Standortes auf den Hauptmarkt viel, wurden mindestens drei weitere Positionen für das Denkmal in Erwägung gezogen.
Von deutschen Truppen zerstört
Das Denkmal wurde am 16. Juni 1898 und damit im hundertsten Jahr nach seiner Geburt im Beisein seiner Tochter und seines Sohnes enthüllt. Das Bronzeabbild des ernst dreinschauenden Mickiewicz' steht auf einem abgestuften Granitsockel mit Inschrift. Zu Fuße des Poeten, auf den obersten Stufen des Podestes, symbolisieren vier allegorische Gruppen die Poesie (in Richtung Süden zur St. Adalbertkirche), die Tapferkeit (in Richtung Westen zu den Krakauer Tuchhallen), das Vaterland (auf der Stirnseite des Denkmals entlang der ulica Sienna) und die Wissenschaft (in Richtung Norden).
Im Zuge des Polenfeldzugs wurde das Adam-Mickiewicz-Denkmal am 17. August 1940 durch deutsche Truppen zerstört. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden 1946 fast alle Figuren auf einem Metallschrotthaufen in Hamburg wiederentdeckt. Dadurch konnte das Denkmal rekonstruiert und am 26. November 1955 wieder vollständig enthüllt werden.
Beliebter Treffpunkt auf dem Hauptmarkt
Einmal im Jahr wird das Denkmal von angehenden Abiturienten umtanzt. Genau 100 Tage vor ihrer Prüfung ziehen diese rote Unterwäsche an und hüpfen auf einem Bein um das Abbild des Dichters, deren Literatur sie in den vorangegangenen Schuljahren begleitet hat. Angelehnt an das polnische Notensystem, bei dem eine Eins die schlechteste Note darstellt, eine Fünf die beste, gilt es möglichst viele Umrundungen zu schaffen. Schließlich bestimmt die Anzahl der Umrundungen die Abschlussnote der Matura. Die rote Unterwäsche dient als Glücksbringer und ist fester Bestandteil des von vielen Schaulustigen zum Teil misstrauisch beäugten Rituals.
Mittlerweile haben die Krakauer ihren Adam ins Herz geschlossen. So wurde Adaś, wie sie die Statue in der polnischen Verniedlichungsform nennen, zum beliebten Treffpunkt auf dem Hauptmarkt. Auch wenn Mickiewicz selbst nie in Krakau war, wurden 1890, 35 Jahre nach seinem Tod, seine Überreste von Paris in die Krypta unter der Kathedrale des Wawel überführt.