Emaillewarenfabrik Oskar Schindler (Fabryka Emalia Oskara Schindlera)
Der auf dem gleichnamigen Roman von Thomas Keneallys beruhende Film "Schindlers Liste*" setzte Oskar Schindler ein Denkmal und verhalf ihm zu weltweiter Bekanntheit. In seinem Werk erzählt Steven Spielberg die Geschichte des im mährischen Zwittau geborenen Unternehmers, der eigentlich nur reich werden wollte und dann zum Lebensretter von 1.200 Menschen wurde.
Schindler, der im September 1938 Mitglied der NSDAP wurde, wollte im Zweiten Weltkrieg lukrative Geschäfte auf Kosten des unterdrückten polnischen Volkes machen. Der gerissene Lebemann, dem Alkohol und Frauen nicht abgeneigt, übernahm im Oktober 1939 eine heruntergewirtschaftet Emaillewarenfabrik, die ursprünglich einem Juden gehörte. Durch die kostengünstigen Zwangsarbeiter, die Schindler von der SS bekam, konnte er wie geplant schnell beachtliche Gewinne erzielen. Er produzierte Feldgeschirr für die Wehrmacht.
Nach drei Monaten arbeiteten bereits über 250 polnische Arbeiter, darunter sieben Juden, in der Deutschen Emailwarenfabrik (D.E.F.). Ende 1942 umfasste das Fabrikgelände 45.000 Quadratmeter, fast 800 Frauen und Männer wurden beschäftigt. Darunter auch 370 Juden aus dem Krakauer Ghetto. Juden waren damals günstiger als alle anderen Arbeitskräfte.
Obwohl Schindler ein Anhänger der deutschnationalen Bewegung war, behandelte er seine Arbeitskräfte von Anfang an menschenwürdig. Der Genussmensch und Spieler feierte ausgelassene Feste und kaufte eifrig auf dem Schwarzmarkt ein. Damit pflegte er seine guten Kontakte, auch zu hochrangigen SS-Offizieren, wie dem sadistischen und unberechenbaren Amon Göth, der Kommandant des neu errichteten Konzentrationslagers Plaszow war. Nach der Liquidation des Ghettos im März 1943 wurden die arbeitsfähigen Juden in sein KZ gebracht.
Vom Gewinnmaximierer zum Lebensretter
Anders als im Film aus dramaturgischen Gründen dargestellt, hatte Schindler Unterstützung von drei Personen: Abraham Bankier, Itzhak Stern und Mietek Pemper. Letzterer war der persönliche Schreiber von Göth und konnte so Einblick in geheime Unterlagen der Schutzstaffel (SS) nehmen. Als er darin las, dass aufgrund der sich zuspitzenden Lage an der Ostfront nur diejenigen jüdischen Arbeitskräfte Richtung Westen verlegt werden sollten, die bei "siegentscheidenden" Produktionen tätig waren, informierte er Schindler. Die Anweisung war das Todesurteil für alle anderen Zwangsarbeiter.
Schindler stellte seine Produktion auf Hülsen und Zünder für die Rüstungsindustrie um und beantragte in Berlin 1.000 jüdische Zwangsarbeiter, die ihm auch genehmigt wurden. Im Herbst 1944, als die Rote Armee immer näher rückte, entschied sich Schindler seine Fabrik nach Brünnlitz in Mähren zu verlegen. Der gewiefte und kommunikative Geschäftsmann, der früher übrigens Spion war, lies erneut seine Kontakte spielen und erwirkte, auch mithilfe von Korruption, die Zusage "seine" Arbeiter mitnehmen zu können. Das KZ-Außenlager Brünnlitz bestand ab dem 21. Oktober 1944.
Daraufhin diktierte Oskar Schindler die berühmte, nach ihm benannte Liste mit für die Kriegsproduktion angeblich unerlässlichen Arbeitskräften. Eigentlich sind es zwei Listen. Auf der einen stehen 297 Frauen, auf der anderen 801 Männer. Das Original von Schindlers Liste existiert nicht mehr, jedoch gibt es noch vier von sieben Abschriften. Zwei davon werden in Yad Vashem aufgebwahrt.
Die Zahl von rund 1.200 geretteten Menschen setzt sich aus den 1.098 Personen, die auf den beiden Listen standen, und 107 Menschen zusammen, die nach sieben Tagen ohne Nahrung und Wasser in einen Viehwaggon gepfercht vor Schindlers Fabrik in Brünnlitz geparkt wurden. Er überzeugte die SS, dass er die Menschen dringend für seine Produktion benötigte. So verhinderte er die Fortsetzung der mörderischen Fahrt und rettete ihnen das Leben. 13 Personen konnten nur noch tot aus dem Waggon geholt werden.
"Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt."
Im Laufe der Jahre, in der Oskar Schindler Zeuge der grenzenlosen Brutalität der Nationalsozialisten geworden war, vollzog er eine bemerkemswerte Verwandlung vom egoistischen Kriegsgewinnler zum mitfühlenden Judenretter. Es war ihm nicht mehr wichtig möglichst viel Reichtum anzuhäufen und zu bewahren. Stattdessen verstärkte sich jeden Tag sein Wunsch, möglichst viele Menschen vor der SS zu retten. Für dieses Ziel gab er nicht nur sein gesamtes Vermögen aus, sondern riskierte Tag für Tag auch sein Leben.
Dennoch plagten ihn Zeit seines Lebens Zweifel. Zweifel nicht genug getan zu haben. Wie im Film machte er sich Vorwürfe, zuvor viel zu viel Geld zum Fenster hinausgeworfen zu haben. Geld, mit dem er vielleicht noch mehr Juden hätte freikaufen können. Dabei hat der Fabrikant auch indirekt alles getan, um möglichst viele Tote zu verhindern. So kalibrierte er regelmäßig seine Produktionsmaschinen falsch, so dass die von ihm hergestellten Granatteile kaum zur Weiterführung des Kriegs beigetragen haben.
Für seinen Mut bedankten sich seine Schützlinge in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945, in der Schindler auch seine Abschlussrede vor versammelter Mannschaft hielt, mit einem eilig aus Zahngold gegossenen Ring, der die Gravur "Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt." trägt. Ein Spruch aus dem Talmud. Außerdem gaben sie Schindler, der kurz nach Mitternacht in die von den westlichen Alliierten kontrollierten Gebiete flüchtete, einen mehrsprachigen Schutzbrief mit auf den Weg, der seine großherzigen Taten erklären und ihn so vor ungerechtfertigten Strafen schützen sollte. Seinen Dankesring soll Schindler später beim Glücksspiel verloren haben.
Nach dem Krieg wurde Schindlers Emaillewarenfabrik in Krakau verstaatlicht. 1947 übernahm ein Telekommunikationsausrüster die Anlage. Nachdem dieser 2002 die Fabrik aufgab, wurde sie 2005 von der Stadt Krakau gekauft um sie in zwei Museen umzuwandeln. Bis dahin erinnerte viele Jahre lang lediglich eine Gedenktafel an die Bedeutung dieses Ortes.
Zwei Museen sind heute in der einstigen Fabrik beheimatet
Seit 2010 ist die ehemalige Fabrik von Oskar Schindler eine Außenstelle des Historischen Museums der Stadt Krakau. Im sanierten Verwaltungsgebäude befindet sich eine multimediale Ausstellung, die sich mit Krakau unter der Nazi-Herrschaft beschäftigt. Die Dauerausstellung widmet sich nicht nur der Person Oskar Schindlers und seinen Arbeitern, sondern allen Krakauern, die von der Okkupation betroffen waren. Bewusst möchte man so verhindern, dass die Fabrik zum Denkmal einer einzelnen Person wird.
Die Dauerausstellung beginnt im Krakau der 1930er-Jahre, als schick gekleidete Juden noch fröhlich zur Synagoge spazierten. Indem das Museum erst die Zeit vor dem Krieg beleuchtet, will es verständlicher machen, welche Gräueltaten sich währenddessen ereigneten. Ab dem Einmarsch der Wehrmacht am 6. September 1939, erzählt das Museum die Krakauer Geschichte während des Zweiten Weltkriegs chronologisch.
Oskar Schindler selbst, 1967 als Gerechter unter den Völkern geehrt, kommt in der Ausstellung nur kurz vor. Seine Geschichte wird anhand von Dokumenten, Fotografien und Originalmöbeln im ehemaligen Sekretariat seiner Fabrik veranschaulicht. In der Mitte des Raumes befindet sich ein großer durchsichtiger Würfel, dessen Wände mit den Schüsseln, Tellern und Töpfen gefüllt sind, die damals in Schindlers Fabrik produziert wurden. Im Inneren des begehbaren Würfels stehen die Namen der 1.200 Menschen, die Oskar Schindler vor dem Tod bewahrt hat.
In den Produktionshallen der Emaillewarenfabrik wurde zeitgleich das Museum of Contemporary Art in Krakow (MOCAK) errichtet. Ein Kombiticket ermöglicht die Besichtigung sowohl des Museums im Verwaltungsgebäude, als auch des Kunstmuseums in den Fabrikhallen.