„The Heart of Europe“
Regen und Schnee für Dubai
Wie keine andere Metropole ist Dubai bekannt für millionenteure Immobilienprojekte. Vor der 2008 begonnen Finanz- und Wirtschaftskriese verging kaum eine Woche, in der nicht ein neues atemberaubendes Bauprojekt verkündet wurde. Dazu gehörte auch „The World“. Die Inselgruppe besteht aus rund 300 künstlich aufgespülten Sandflecken, die einzelne Länder bzw. Ländergruppen repräsentieren, zu Kontinenten zusammengefasst sind und so angeordnet wurden, dass sie zusammen die Form einer Weltkarte ergeben.
Obwohl bis zum Ende des Jahres 2010 bereits zwei Drittel aller Inseln verkauft wurden, befindet sich das künstlichen Archipel in einer Art Dornröschenschlaf. Lediglich zwei der 300 Inseln wurden bisher bebaut. Eine davon dient als Modellinsel. Alle anderen liegen brach. Die Durchlässe zwischen den Inseln beginnen zu versanden. Der steigende Meeresspiegel, Stürme und durchlässige Wellenbrecher nagen an ihrer Substanz.
Nun will ein gebürtiger Österreicher zumindest sechs Inseln Leben einhauchen. Josef Kleindienst war einst Polizist, machte nach seiner Beamtenkarriere Millionen an der Börse. Mit diesem Geld ging er 2003 nach Dubai und stieg groß ins Immobiliengeschäft ein. Mit „The Heart of Europe“ will der Unternehmer jetzt Geschichte schreiben.
Kleindiensts Vision sieht eine europäische Hauptinsel vor, um die sich die Themeninseln Deutschland, Monaco, Schweden, Schweiz und St. Petersburg tummeln. Zu der etwa vier Kilometer vom Festland entfernten Anlage kommt man nur mit Booten. Die einzelnen Inseln sollen untereinander zum Beispiel mit Brücken verbunden werden.
Das erste, was die vom Festland kommenden Besucher sehen werden, ist die Küste im Stil der Côte d’Azur. Nachdem sie im Yachthafen angelegt haben können sie zum Beispiel die Promenade entlang schlendern und den Straßenkünstlern applaudieren. Die Pläne sehen weiterhin zahlreiche Boutiquen und Restaurants vor. Auch ein Aquarium, ein Badestrand, ein Kongresszentrum und ein Wasserpark sollen errichtet werden. Allabendliche Shows und über das ganze Jahr verteilte Veranstaltungen sollen für Unterhaltung sorgen.
Durchzogen wird „The Heart of Europe“ von zahlreichen Fünf-Sterne-Hotels. Darunter beispielsweise eins mit dem Namen „Kaiserin Elisabeth“, das sich insbesondere an Heiratswillige richten soll. Einige Unterkünfte werden kinderfreie Pool- und Wellnessbereiche bieten. Auch schwimmende Villen mit Unterwasserzimmern stehen auf dem Programm.
Das Highlight des Projekts soll aber ein ganz anderes werden: Bei Außentemperaturen von bis zu 50 Grad will Josef Kleindienst es wie in Europa nun mal üblich regnen und sogar schneien lassen. Nicht etwa nur in Gebäuden auf den Inseln, sondern sogar auf den mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Straßen. Um Europas schlechte Wetter nach Dubai zu holen will man sich deutscher Ingenieure bedienen. Der Investor beteuert, dass dafür keine neue Technik erfunden werden muss. Das Prinzip hinter den Regen- und Schneemaschinen ähnelt dem herkömmlicher Klimaanlagen, bei denen Luft über kaltes Wasser geleitet und dabei abgekühlt wird. Die Technik soll gleich auch noch dazu genutzt werden, Plätze und Straßen unter freiem Himmel zu klimatisieren.
Kleindienst will nach eigenen Angaben 850 Millionen US-Dollar in das „Herz von Europa“ investieren. Mit den Arbeiten wurde Anfang des Jahres begonnen. Schon 2016 sollen die Gäste künstlich beregnet und beschneit werden. Bleibt zu hoffen, dass die sonnenhungrigen Touristen den Clou als angenehme Abkühlung empfinden und nach ihrem Urlaub keine Klage wegen bewusst erzeugtem Schlechtwetter anstreben.