Preisvergleich
Bahnfahrten in europäische Städte sind fast immer billiger als Flüge
Im Inland mit der Bahn, ins Ausland mit dem Flieger. So lautet eine häufig bemühte Faustformel, wenn es um das geeignete Verkehrsmittel für längere Reisen geht. Dass diese Regel überholt ist, wenn sie überhaupt jemals Gültigkeit besaß, beweist nun der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Er wollte wissen, ob der Flug oder der Zug die kostengünstigere Wahl bei Reisen in europäische Städte ist. Deshalb beauftragte der Verband den Zürcher Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes, der die Preise von 374 Bahn- und Flugverbindungen verglichen.
Das Ergebnis des Preisvergleichs könnte kaum eindeutiger sein: Fast immer hat die Bahn die Nase vorn. Ganz egal ob alleinreisend oder auf dem Weg in den Familienurlaub, drei Monate oder einen Tag im Voraus gebucht, Geschäftsreise oder Wochenendtrip – in 93 Prozent aller untersuchten Fälle ist die Bahn günstiger als die Fluggesellschaften. Im Durschnitt liegt der Flugpreis sogar doppelt so hoch wie der Bahnpreis, obwohl noch nicht einmal Rabatte der verschiedenen BahnCards berücksichtigt wurden.
Bahn fast immer mit Preisvorteilen
Absolut betrachtet sind Tickets für Bahn- und Flugreisen am günstigsten, wenn sie lange im Voraus gebucht werden. Der Preisunterschied zwischen Flugzeug und Zug ist am größten, je näher das Buchungsdatum am Reisetermin liegt. Das liegt daran, dass sich Luftverkehrsgesellschaft die Flexibilität durch kurzfristig gebuchte Flugtickets teuer bezahlen lassen, während die Normalpreise der Bahn in der Regel konstant bleiben. Je kurzfristiger also gebucht wird, desto höher ist der Preisvorteil der Bahn.
Besonders günstig ist die Bahn auch immer dann, wenn Kinder mitreisen. Unter 15 Jahren fahren diese nämlich bei der Deutschen Bahn in Begleitung ihrer Eltern oder Großeltern kostenlos mit. So kostet beispielsweise der Flug für eine vierköpfige Familie von Hamburg nach Kopenhagen 518 Euro, die Bahnfahrt nur 136 Euro.
Allein dort, wo viele Maschinen große Flughäfen verbinden, zum Beispiel zwischen Frankfurt und Paris, konnten die Fluggesellschaften preislich überzeugen. Und das auch nur bei Wochenendreisen. Ihr großer Vorteil, die geringere Reisedauer, wird vor allem von Geschäftsreisenden geschätzt, die dafür auch bereit sind tiefer in die Tasche zu greifen. Deshalb sind Flüge innerhalb der Woche meist teurer.
Kaum Zeitersparnis bei Flugreisen
Doch selbst die Zeitersparnis der Flugreisen muss relativiert werden. Zwar erreicht der Flieger sein Ziel oft deutlich schneller als der Zug, dafür aber muss vor der eigentlichen Reise mehr Zeit investiert werden. Anders als Bahnhöfe gibt es Flughäfen nicht in jeder Kleinstadt. Mitunter dauert die Anreise zum Startflughafen und Abreise vom Zielflughafen länger, als der eigentliche Flug. Auch die Wartezeiten vor Abheben des Flugzeugs, gerne mal zwei Stunden, und bis zum Erhalt des Gepäcks nach der Landung, dürfen nicht vergessen werden. So kann ein gerade einmal eine Stunde dauernder Flug schnell vier Stunden Zeit fressen. Kaum weniger als die von einigen zudem als bequemer empfundene Bahnfahrt.
Das die Billigflieger bei der Preisstudie des VCD nicht gut wegkommen, liegt vor allem daran, dass die vielumworbenen Angebotspreise oft nur an ganz bestimmten Tagen für ganz bestimmte Verbindungen gelten. Wer so ein Angebot ergattert reist zwar grünster als mit der Bahn, muss aber auch sehr flexibel sein und viel Zeit bei der Buchung investieren. Hinzu kommt, dass selbst attraktive Preise durch verschiedene Aufschläge, zum Beispiel für Gepäck, schnell zur Kostenfalle werden können. Immerhin ist die Deutsche Bahn bei der Gepäckbeförderung weniger pingelig als die Fluggesellschaften. Zwar gibt es auch dort eine Begrenzung die neben Handgebäck maximal ein Stück Tragelast erlaubt, doch faktisch kann jeder mangels Kontrolle so viel mitnehmen, wie er tragen kann. Beim Flug hingegen wird für jeden Rucksack über der zugelassenen Größe und für jedes Täschchen über der Freigrenze gnadenlos kassiert.
Bahnfahren könnte im Vergleich zum Fliegen noch günstiger sein
Der VCD gibt zu bedenken, dass Bahnreisen im Vergleich zu Flugreisen noch günstiger wären, wenn es die wettbewerbsverzehrende Förderung des Luftverkehrs nicht gebe. „Der Flugverkehr ist von jeglicher Besteuerung des Flugbenzins befreit und bei Auslandsflügen wird keine Mehrwertsteuer erhoben.“, so VCD-Vorstand Michael Ziesak. Ziesak findet die indirekten Subventionen „für das klimaschädliche Verkehrsmittel“ in Höhe von jährlich 10,4 Milliarden Euro „nicht akzeptabel“. Sein Verband fordert von der Politik deshalb nicht zuletzt aus Klimaschutzgründen die Förderung der Luftverkehrsbranche abzubauen. Das würde letztlich dazu führen, dass sich der Reiseverkehr auf die deutlich umweltfreundlichere Bahn verlagern würde.
Weiterhin fordert der Verkehrsclub die europäische Integration des Bahnverkehrs, damit das grenzüberschreitende Zugfahren einfacher wird. „Es muss möglich werden, in allen Ländern für alle Bahnreisen durch Europa Fahrkarten kaufen zu können – zu denselben Bedingungen und zu einheitlichen Preisen.“, sagte Ziesak.
kommentierte am 13. Mai 2014 um 12:45 Uhr Uhr
Toller und infomativer Artikel. Vielen Dank 😉