Buchrezension

„Fotografieren in Berlin und Potsdam“

publiziert am 28.01.2016 in Berlin, Rezensionen | kein Kommentar

Städtereisen sind für jeden passionierten Fotografen die reinste Freude, gibt es doch nirgendwo mehr Motive als in den Metropolen dieser Welt. Umso erstaunlicher, dass es auf dem deutschen Markt bislang nur wenige Fotoreiseführer gibt. Der Rheinwerk Verlag will das offensichtlich ändern und hat mit „Fotografieren in Berlin und Potsdam*“ bereits seinen zweiten Fotoreiseführer veröffentlicht.

Der Foto- und Textjournalist Harald Franzen nimmt seine Leser mit auf eine Entdeckungsreise durch die Hauptstadt und seine kleine Schwester. Er betrachtet Berlin und Potsdam nicht wie ein Geschichtsprofessor, sondern mit den geschulten Augen eines Fotografen. Ziel ist es, den Lesern fotografische Highlights jenseits der Postkartenmotive zu präsentieren. Zudem zeigt Franzen, dass man durch neue Blickwinkel auch altbekannte Motive erfrischend in Szene setzen kann.

Fotolocations abseits der Postkartenmotive

Das Buch gliedert sich in acht Hauptkapitel, die sich jeweils mit einem besonderen Thema beschäftigen. Innerhalb des Kapitels „Berliner Mauer“ beispielsweise werden die East Side Gallery, die Gedenkstätte Berliner Mauer, der Mauerpark und vier weitere Locations aufgesucht. Nachdem der Autor grundlegendes Wissen zum jeweiligen Ort vermittelt hat, nimmt er in gut lesbaren Texten verstärkt Bezug auf die Fotografie. So erläutert Franzen zum Beispiel beachtenswerte Details, empfehlenswerte Lichtverhältnisse, geeignete Objektive und ungewöhnliche Perspektiven.

Die Exif-Daten, die zu jedem Bild angegeben sind, helfen vor allem unerfahrenen Hobbyfotografen. Hilfreich sind auch die farblichen Infoboxen mit Anfahrtshinweisen, Geheimtipps und Randnotizen. So gibt Harald Franzen mal einen Tipp für ein sehenswertes Fotocafé, dann schreibt er ein paar Wörter zu den Berliner Spätis. Die kurzen Zusammenfassungen am Ende eines jeden Unterkapitels eigenen sich gut zum Auffrischen des Gelesenen, zum Beispiel bevor es zur Location geht. Das hochwertig gebundene, übersichtlich gestaltete Buch mit schwerem Einband ist nämlich zu unhandlich, um es auf eine Fototour mitzunehmen.

Den Abschluss der chronologisch sortierten Hauptkapitel bildet jeweils ein Exkurs. Einmal geht es um Berlin am Wasser, ein anderes Mal um Nachtfotografie, später um Streetart. Während Franzen im ganzen Buch nie müde wird auf die rechtlichen Gefahren bei der unerlaubten Veröffentlichung mancher Fotografien hinzuweisen, ja den Leser mit den immer selben Erwähnungen am Ende eines Kapitels fast nervt, versäumt er es ausgerechnet im Exkurs zu Straßenfesten und Umzügen auf die Persönlichkeitsrechte gezielt fotografierter Menschen hinzuweisen.

Inspirationsquelle für Berliner und Touristen

Der Fotoreiseführer ist kein Lehrbuch für Anfänger. Vielmehr will er das Auge des Fotografen schulen. Auf die Fotoausrüstung wird deshalb nur kurz in der Einleitung eingegangen und auch sonst wird sich nicht mit physikalischen und technischen Erläuterungen aufgehalten. Dafür gibt es schließlich schon genügend gut gemachte Literatur. Dennoch wird all das vermittelt, was man wissen muss um gute Fotos von Orten zu machen, an die man zumindest vorläufig nur einmal kommt.

Das letzte Kapitel enthält sieben Touren, die zu den wichtigsten im Buch behandelten Fotoplätzen führen. Eine herausnehmbare Karte mit diesen Touren wäre die optimale Ergänzung gewesen. Obwohl auch viel Bekanntes unter den empfohlenen Motiven ist, wird auch der Kenner der Hauptstadt jede Menge Inspiration aus der Lektüre ziehen. Das Beste allerdings ist, dass „Fotografieren in Berlin und Potsdam*“ trotz seines Umfangs nur einen Bruchteil der Sehenswürdigkeiten abbilden kann. Und so bleibt für den sensibilisierten Leser am Ende noch jede Menge zu entdecken.

Fotografieren in Berlin und Potsdam*
von Harald Franzen

Rheinwerk Verlag, Bonn
ISBN: 978-3-8362-2457-4
ca. 360 Seiten, 29,90 EUR (versandkostenfrei bestellen*)

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