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Wer Wien kennt und um die Bedeutung der Ringstraße weiß, der wird wissen, wie wichtig dieses Jahr im Kalender der Wiener ist. Vor 150 Jahren, am 1. Mai 1865 hat Kaiser Franz Joseph in Beisein seiner Gattin Elisabeth, besser bekannt als Sissi, das größte städtebauliche Projekt seiner Zeit für eröffnet erklärt. Fertig war die Ringstraße damals allerdings noch lange nicht. Der Stadtumbau, damals eine einmalige Chance, brauchte Jahrzehnte, trotz der exzellenten Finanzierung, Planung und Organisation.

Zum großen Jubiläum hat der Hatje Cantz Verlag mit „Die Wiener Ringstraße*“ einen opulenten Bildband heraufgegeben, in dem den aktuellen Fotografien auch erstmals veröffentlichte historische Aufnahmen gegenüberstehen. Mit der akribischen Sorgfalt einer Archäologin hat Monika Faber, Österreichs führende Fotohistorikerin, aufschlussreiche und sehenswerte Fotos aus den Archiven ausgegraben. Im Buch finden sich außerdem diverse historische Karten, die Wien vor, während und nach der Errichtung des Boulevards zeigen.

Auch die Informationen in Textform kommen nicht zu kurz. Neben dem Bau der Ringstraße wird auch das Arbeiten und Wohnen an selbiger beleuchtet. Verschiedene Autoren setzen sich zum Beispiel mit der Architektur, den Gärten, und der Inszenierung der Wiener Ringstraße auseinander. Zu ihnen zählen neben der bereits erwähnten Faber auch Andreas Nierhaus, Eva-Maria Orosz, Jochen Marz, Nora Schoeller und Siegfried Matti. Als Herausgeber fungiert Alfred Fogarassy.

Besonders lesenswert ist die berührende Erinnerung „Verlobung im Landtmann“, in der der international bekannte Bestsellerautor Frederic Morton schildert, welche bedeutende Rolle ein Ringstraßencafé in seiner Familie gespielt hat. Der in Wien geborene Schriftsteller hat nur einen Teil des Jubiläumsjahres miterleben können. Er starb vor wenigen Tagen, am 20. April 2015, in seiner Geburtsstadt.

Wer es liebt über die prachtvolle Ringstraße zu flanieren und sich an der Orgie des Historismus zu erfreuen, der wird es auch lieben in diesem Werk zu blättern und zu lesen. Jedes Mal, nachdem man es aus dem Bücherregal gezogen und studiert hat, verspürt man aufs Neue den Drang dazu, dieses architektonische und städtebauliche Gesamtkunstwerk namens Ringstraße wieder ein kleines bisschen mehr kennenzulernen. Dieser Bildband verleitet nicht nur dazu, er hilft dabei auch.