Ausstellungstipp „Das Fahrrad“
Vergangenheit und Zukunft des Drahtesels
Das Fahrrad erlebt eine Renaissance. Nicht nur als Fortbewegungsmittel der Stunde, das Verkehrs- und Mobilitätsproblemen der Großstädte trotzt, sondern auch als gesundheitsfördernder und umweltschonender Spaßmacher. Wer heute hip ist, schwingt sich aufs Rad. Statussymbol ist nicht mehr der geländegängige Spritschlucker, sondern das Lifestyle-Produkt Fahrrad. Ein Produkt, das immerhin 80 Prozent der Deutschen besitzen.
Ob als Teil des urbanen Lebensstils oder schlicht als kostengünstiges Verkehrsmittel – der Drahtesel ist in aller Munde. Der perfekte Zeitpunkt also, ihm eine eigene Ausstellung zu widmen. Seit Ende letzter Woche zeigt das Museum der Arbeit in Hamburg die Sonderausstellung „Das Fahrrad – Kultur, Technik, Mobilität“ (bis zum 1. März 2015).
100 Fahrräder aus 200 Jahren
Auf 650 Quadratmetern wird die kulturelle und technische Entwicklung des Fahrrads trotz der vielfältigen Betrachtungsweise vor allem im urbanen Kontext beleuchtet. Eins der Highlights der Ausstellung ist die Ikonengalerie mit über 100 Fahrrädern der letzten 200 Jahren Fahrradgeschichte. Dazu gehören beispielsweise eins der ersten deutschen Hochräder von 1885, ein Sicherheitsniederrad von 1890, das mit 70.000 Euro Versicherungswert das teuerste Exponat der Ausstellung ist, das legendäre „Rad der Sieger“, ein Holzfelgenrennrad der Firma Diamant von 1930, das kuriose „Swing Bike“ von 1977 mit Hinterradlenkung und das erste Elektrorad. Auch ein Laufrad, die Urform des Fahrrads, von um 1820 ist zu besichtigen. Es ist die einzige Kopie in der Ausstellung, die sonst nur Originale zeigt.
Höhepunkte der Sonderausstellung sind auch der Fahrradporsche „FERDINAND GT3 RS“ von Hannes Langeder, ein in zwei Fahrräder transformierter Saab Turbo 900 von Martin Kaltwasser und Folke Köbberling sowie Jeffrey Shaws interaktive Installation „The Legible City“. Neben diversen Filmbeiträgen zum Fahrrad gibt es mit „We are Traffic“ auch die Bildserie der Fotografen Till Gläser und Björn Lexius zu sehen, für die Hamburger Radfahrer proträtiert wurden. Ein weiteres Kabinett versammelt Fahrradprodukte aus den verschiedensten Sparten: Bänke, Bettwäsche, Lampen, Mützen, Schmuck, Stühle, Tapeten, Taschen, Teppiche und vieles mehr. Welche Rolle das Fahrrad inzwischen für die Verkehrsentwicklung großer Metropolen hat, zeigt das Museum am Beispiel von Kopenhagen, London und Los Angeles.
Sattelkontakt
Die Ausstellung zu Ehren des Fahrrads will jedoch nicht nur informieren, sondern auch zum Mitmachen animieren. Wer den Drang zum Radfahren verspürt, hat die Wahl zwischen einem Fahrradergometer mit Simulation, einer gesicherten Hochradstation und dem Fahrradparcours, bei dem an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat historische und aktuelle Fahrräder auf dem Museumshof Probe gefahren werden können.
Weiterhin werden die Besucher dazu eingeladen an einem Workshop zum Lastenradbau teilzunehmen, den Bau von Retrorädern mitzuerleben und sich über das Aufbereiten historischer Fahrräder zu informieren. Wer zu seinem Drahtesel eine ganz besondere Beziehung hat oder eine originelle Geschichte erzählen kann, hat sogar die Chance den Titel „Fahrrad des Monats“ ergattern.
Die wahrscheinlich bisher umfassendste Ausstellung zum Fahrrad in Deutschland konnte unter anderem mit Leihgaben des Deutschen Fahrradmuseums in Bad Brückenau und des Deutschen Technikmuseums in Berlin realisiert werden. Trotz der in der Ausstellung klar erkennbaren positiven Zukunftsprognose, wollen die Ausstellungsmacher das Fahrrad keinesfalls als siegreiches Allheilmittel zelebrieren, sondern zeigen auch seine Grenzen und Nachteile auf.