Andere Länder, andere Sitten

Wie viel Trinkgeld ist angemessen?

publiziert am 02.05.2016 in Allgemeines | kein Kommentar

Für guten Service gibt es gutes Trinkgeld. Was sich in unseren Ohren so einfach und selbstverständlich anhört, kann sich schnell zur Kniggefalle entwickeln. Denn so unterschiedlich wie die Kulturen sind auch die Gepflogenheiten, was den Obolus für zufriedenstellenden Service anbelangt. Was hierzulande genug ist, ist anderswo eine Beleidigung des Personals. Die einen leben fast ausschließlich vom Trinkgeld, die anderen kennen es gar nicht. Ist Aufrunden erlaubt und was bekommt eigentlich das Zimmermädchen?

In Europa beispielsweise gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. Während das Trinkgeld in Skandinavien unüblich ist oder recht gering ausfällt, gehört es im Süden zum guten Ton. Manchmal wird eine Servicegebühr aber schon automatisch auf die Rechnung geschrieben, zusätzliches Trinkgeld ist also unnötig.

Grundsätzlich gilt: Das Trinkgeld ist eine freiwillige Leistung zur Würdigung des Servicepersonals. Niemand ist verpflichtet überhaupt Trinkgeld zu bezahlen oder es in bestimmter Höhe zu geben. Das gilt sogar für Kreuzfahrtschiffe, wo das Bordkonto meist automatisch mit einem nicht unerheblichen Tagessatz für Trinkgelder belastet wird. Dem kann man jedoch wiedersprechen.

Um ein wenig Licht ins Dunkel der verschiedenen Trinkgeldkulturen zu bringen, haben wir folgend die wichtigsten Länder und Regionen und die dortigen Trinkgeldsitten aufgelistet. Grundsätzlich kann man sagen, dass man mit zehn Prozent Aufschlag in den meisten Fällen nichts falsch macht.

Asien

Traditionell spielt Trinkgeld in Asien keine Rolle. Mancherorts gilt es sogar als grobe Beleidigung. Japan gilt gemeinhin als letzte Anti-Trinkgeld-Bastion. Sowohl Geben als auch Nehmen gelten hier nach wie vor als würdelos. Andernorts nimmt man es mit der Tradition nicht mehr so genau und hat sich westlichen Gewohnheiten angepasst. Vor allem in den Metropolen und anderen touristischen Regionen.

In China ist es mittlerweile beispielsweise offiziell erlaubt, Trinkgeld anzunehmen. In Hongkong sogar eine solche Selbstverständlichkeit wie in der westlichen Welt. Auch in Malaysia und Thailand ist man dem Bonus offen gegenüber. Letztlich ist in Asien aber auch niemand beleidigt, wenn man nichts gibt.

Benelux

In Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ist der Service grundsätzlich bereits im Preis inklusive. Besonders gute Betreuung darf aber gern mit einem kleinen Trinkgeld gewürdigt werden. Besonderheit hier: Auch Platzeinweiser im Kino oder Theater erhalt eine kleine Anerkennung.

Brasilien

Brasilianer beschäftigen sich selten mit dem Trinkgeld, weil sie es gewohnt sind, dass zehn Prozent bereits in der Restaurantrechnung enthalten sind. Statt es aufzuschlagen, ziehen sie es bewusst ab, wenn sie mit dem Service unzufrieden sind. So kommt es vor, dass sie im Ausland in gekränkte Gesichter schauen, wenn sie kein Trinkgeld geben. Demzufolge müssen Touristen in Brasilien nicht selbst aufs Trinkgeld achten.

Deutschland, Österreich, Schweiz

Mit zehn Prozent im Restaurant und Taxi liegt der deutschsprachige Raum im Mittelfeld, was das Trinkgeld anbelangt. Zwar gelten insbesondere die Deutschen als sparsam, aber eben auch als pflichtbewusst. Deshalb wird das Trinkgeld hier brav bezahlt, wenn auch nicht immer besonders gern. Der Hotelpage bekommt für seine Dienste einen Euro bzw. Schweizer Franken pro Gepäckstück. Das Zimmermädchen freut sich über ein bis zwei Euro bzw. Franken pro Nacht.

Frankreich

Unsere französischen Nachbarn lassen sich ihren Service in Restaurants gern mit einem Trinkgeld in Höhe von zehn bis fünfzehn Prozent des Rechnungsbetrags anerkennen. Wer bloß aufrunden möchte, der kann schon mal einen wirren Blick ernten. In Hotels hingegen wird üblicherweise kein „pourboire“ gezahlt. Der Taxifahrer bekommt zehn Prozent des Fahrpreises.

Mittelmeerraum

In Griechenland, Italien und Kroatien sind gut zehn Prozent Trinkgeld angemessen, in Portugal und Spanien genügen zwischen fünf und zehn Prozent. Je kleiner das Restaurant, desto üblicher ist es nur aufzurunden. In Metropolen wie Rom wird gern bereits eine Servicegebühr für das Gedeck erhoben. Ist das der Fall, darf das Trinkgeld durchaus kleiner ausfallen.

Besonderheit in dieser Region: Das Trinkgeld wird dem Rechnungsbetrag nicht aufgeschlagen, sondern erst nach dem Bezahlen der regulären Rechnung überreicht oder einfach auf dem Tisch liegen gelassen. Aber bitte keine Kupfermünzen, die gelten als kleinlich.

Hotelbedienste freuen sich sicherlich über eine kleine Aufbesserung ihres geringen Verdienstes, auch wenn es nicht unbedingt erwartet wird. Im Taxi wird auf die nächsten fünfzig Cent oder den vollen Euro aufgerundet.

Nordafrika

In den nordafrikanischen Urlaubsländern hat das „Bakschisch“ eine lange Tradition. In Ägypten, Marokko und Tunesien sind zwischen zehn bis fünfzehn Prozent üblich. Wer mit Kreditkarte zahlt sollte das Trinkgeld extra geben, da es sonst meist vom Restaurantbetreiber einbehalten wird.

Die ebenfalls wenig verdienenden Busfahrer, die Touristen zu Ausflugszielen fahren, freuen sich ebenfalls über ein kleines Trinkgeld. Gleiches gilt für den Guide, der den Ausflug leitet. Ein bis zwei Euro pro Person sind angemessen. Der Führer bekommt meist etwas mehr. Gruppen können zusammenlegen.

Nordamerika

In Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika, wo das Trinkgeld einen großen Teil der Bezahlung ausmacht, wird weltweit am meisten „tip“ verlangt. In der Gastronomie sind zwischen zehn und zwanzig Prozent üblich, bei besonders gutem Service auch mehr. Nur so können Kellner trotz des geringen Lohnniveaus überleben.

Der Hotelpage bekommt mindestens einen Dollar pro Koffer. Dem Zimmermädchen lässt man am letzten Tag seines Hotelaufenthalts zwischen ein und zwei Dollar pro Nacht da. Am besten gut sichtbar auf dem Kopfkissen. Auch andere Serviceleistungen wie das Tragen von Einkaufstüten zum Auto werden mit einem kleinen Trinkgeld belohnt. Taxifahrer bekommen ca. fünfzehn Prozent vom Endpreis, mindestens jedoch 25 Cent.

Ozeanien

In Australien und Neuseeland kann man es mit dem Trinkgeld halten, wie man möchte. Es wird nicht vorausgesetzt, aber gern genommen. Vor Jahren war es noch gänzlich unüblich. In Ozeanien ist Trinkgeld vor allem noch eine Anerkennung für wirklich guten Service und keine Selbstverständlichkeit.

Russland

Russland verfügt über keine ausgeprägte Trinkgeldkultur. Hier braucht man sich keine großen Gedanken um das Thema zu machen. Ist man besonders angetan, kann man das natürlich mit einem Aufschlag in beliebiger Höhe zeigen. Aber niemand erwartet ihn. In den Rechnungen gehobener Restaurants ist meist ohnehin bereits ein Serviceentgelt enthalten.

Skandinavien

In Dänemark, Finnland und Norwegen ist Trinkgeld unüblich, wie zum Beispiel Pia de Grahl von VisitDenmark bestätigt. Lediglich in schwedischen Restaurants werden rund zehn Prozent erwartet. Dafür verlangen einige finnische Restaurants eine kleine Garderobengebühr. Für besonderen Service, wie das Koffertragen, darf man natürlich eine Aufmerksamkeit in Münzenform dalassen.

Südsee

In der Südsee ist das Thema Trinkgeld vielleicht am kompliziertesten. Bis vor einigen Jahren kannte man es überhaupt nicht. Kulturell bedingt bringt man das Personal mit Trinkgeld oft in Verlegenheit, weil es den Obolus als Geschenk betrachtet, das ein Gegengeschenk erfordert. Durch die vielen Touristen, vor allem auch als den USA, wo das Trinkgeld eine große Rolle spielt, hat man sich an das Thema gewöhnt. In Hotels gibt es zum Beispiel hin und wieder Trinkgeldboxen. Verpflichtet zur Trinkgeldgabe ist in der Südsee niemand, verboten ist es aber auch nicht.

Türkei

Die Türkei gehört zu den Ländern, wo kein Trinkgeld als besonders unhöflich gilt. Zwischen fünf und zehn Prozent sind hier angemessen. Wie auch in Italien sind in der Türkei getrennte Rechnungen unüblich und werden zuweilen sogar verweigert.

Vereinigte Arabische Emirate

In den Emiraten sollte man zwischen stolzen Arabern und dem auf Trinkgeld angewiesenen Personal aus dem Ausland unterscheiden. Bei letzterem ist man mit zehn Prozent gut beraten.

Vereinigtes Königreich

Im größten Inselstaat Europas gelten zehn bis fünfzehn Prozent „tip“ als angemessen. Wird im Restaurant bereits eine „service charge“ erhoben, ist zusätzliches Trinkgeld überflüssig. Im Taxi genügt es aufzurunden, das Zimmermädchen ist mit einem Pfund pro Nacht gut bedient.

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