Olympiastadion Berlin
Die Geschichte des Berliner Olympiastadions beginnt mit einer Pferderennbahn, die hier im schicken Berliner Westend vom Architekten Otto March für die Berliner Schickeria erbaut und 1909 eröffnet wurde. Die Rennbahn Grunewald bot 40.000 Zuschauern Platz und hatte in der Mitte bereits eine 85.000 Quadratmeter große Grube.
Als Berlin 1912 den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 1916 erhielt, wurde innerhalb der Pferderennbahn das Deutsche Stadion errichtet, wofür sich ebenfalls Otto March verantwortlich zeichnete. Nach nur 200 Tagen Bauzeit wurde eins der weltweit größten und modernsten Stadien seiner Zeit eröffnet. Doch weil sich Europa in den Ersten Weltkrieg stürzte, wurden im Deutschen Stadion nie Olympische Spiele ausgetragen.
Nachdem Berlin vom Internationalen Olympischen Komitee die Zusage für die Spiele 1936 bekam, sollte das Deutsche Stadion nach dem Tod von Otto March durch seine Brüder Werner und Walter March umgebaut und so die Kapazität von 11.500 Sitz- und 18.500 Stehplätze auf 65.000 Zuschauerplätze aufgestockt werden. Doch nachdem die nationalsozialistische Führung unter Reichkanzler Adolf Hitler den enormen Propagandaeffekt der Olympischen Spiele für sich entdeckte, entschied sich Hitler Ende 1933 für den ebenfalls von Werner und Walter March erbrachten Vorschlag, das Deutsche Stadion abzureisen und dafür am gleichen Ort ein neues Großstadion zu errichten.
Albert Speer überarbeitete die Entwürfe der Gebrüder March und sorgte damit für die dem Nationalsozialismus würdigen Ausmaße des Stadions. Gleichsam wurde das Areal, das aus mehreren Sportstätten bestand, vom "Deutschen Sportforum" in "Reichssportfeld" umbenannt.
Propagandistischer Monumentalbau
Das Olympiastadion orientiert sich formal an den antiken Sportstätten. Es wurde in etwa an der Ost-West-Achse der von Adolf Hitler und seinem Architekten Speer geplanten Welthauptstadt Germania ausgerichtet. Im März 1934 begannen die Abrissarbeiten der alten Anlage unter dem Reichsinnenministerium als Bauherrn. Im Verlauf des Projektes wurde Werner March die alleinige Gesamtleitung des Stadionbaus auferlegt.
Die Bauausführung hinkte dem Terminplan seit Baubeginn hinterher. Auf die am Bau beteiligten Unternehmen wurde massiver Druck ausgeübt. Wer dem Mehrschichtbetrieb nicht gewachsen war oder aus sonstigen Gründen Widerstand entgegensetzte, wurde umgehend ausgetauschte. Um die Bauarbeiten voranzutreiben wurden die Bauunternehmen verpflichtet ausschließlich "wirtschaftsfriedliche Arbeiter deutscher Staatsangehörigkeit und arischer Abstammung" zu beschäftigen.
Im Höhepunkt waren 500 Unternehmen mit 2.600 Personen am Bau des Berliner Olympiastadions beteiligt. Wie viel der propagandistische Monumentalbau gekostet hat ist ungewisse. Es gibt jedoch Hinweise, wonach mindestens 27 Millionen Mark aufgewendet wurden.
Dadurch, dass weite Teile des Olympiastadions im Erdreich errichtet wurden, was der Bauzeit förderlich war, sah sich der Bauherr jedoch in den als gewaltig geplanten Ausmaßen der Sportstätte getäuscht. Er ordnete deshalb den Bau eines dritten Rings, dem sogenannten Oberring an, der die Außenansicht des Stadions verdoppelt und die Tribünenfläche abermals erweitert hätte. Aufgrund des engen Terminplans wurde der Plan jedoch wieder verworfen und der Mittelring fortan als Oberring bezeichnet, um die peinliche Planungspanne zu vertuschen.
Eröffnung mit den XI. Olympischen Sommerspielen
Am 1. August 1936 wurde das Olympiastadion Berlin gemeinsam mit den XI. Olympischen Sommerspielen eröffnet. Bis zur großen Abschlussveranstaltung am 16. August 1936 zeigte sich Hitlerdeutschland von seiner Festtagsseite und wurde nicht müde Berlin als weltoffene Stadt zu präsentieren. Nach den Olympischen Spielen wurde das Stadion für 20 bis 25 Großveranstaltungen pro Jahr genutzt. Darunter zahlreiche Propagandaveranstaltungen der Nationalsozialisten, aber auch Sportveranstaltungen wie das erste Finale der Deutschen Fußballmeisterschaft am 20. Juni 1937.
Um das Reichssportfeld früh für den Krieg zu rüsten, wurden auch die Katakomben des Stadions zu Bunkern hergerichtet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs stellte Blaupunkt hier Zünder für Flugabwehrwaffen her. Ende 1944, als sich die Bombennächte häuften, wurden die unterirdischen Gänge des Stadions als Ausweichquartier für den Großdeutschen Rundfunk vorbereitet. In den verschiedenen Gebäuden auf dem Reichssportfeld wurden Lebensmittel, Munition und große Vorräte an Wein gelagert.
In den Jahren nach dem Krieg fand bei Auf- und Umbaumaßnahmen eine dezente Entnazifizierung der Anlage statt. So wurde beispielsweise die Ehrentribüne vor der Ehrenhalle in der Nordtribüne um den Bereich verkürzt, in dem sich Adolf Hitler während der Olympischen Spiele aufhielt. Dadurch wurde verhindert, dass sich der Ort zu einer neonazistischen Kultstätte entwickelte.
Anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 wurde das Stadion teilüberdacht. Die Pressetribüne wurde erneuert, die Umkleiden sowie die Toiletten der Zuschauer wurden modernisiert. Die Zuschauerblöcke und der Reportergraben erhielten eine Abtrennung aus Plexiglas.
Umbau zur Multifunktionsarena
Mit der Bewerbung Berlins für die Olympischen Sommerspiele 2000, die letztlich kläglich scheiterte, kamen auch Modernisierungspläne für das in die Jahre gekommene Stadion auf. Nachdem sich der Berliner Senat für den Entwurf der Architekten von Gerkan, Marg und Partner entschied, wurde das Stadion ab Juli 2000 unter Einhaltung des Denkmalschutzes zu einer Multifunktionsarena umgebaut.
Während der vierjährigen Umbauphase wurde der Sportbetrieb beibehalten. Nach Abschluss der 242 Millionen Euro teuren Arbeiten bietet das Olympiastadion heute eine rundumlaufende Überdachung, 74.400 Sitzplätze und eine moderne Arenatechnik. Die offizielle Einweihung fand am 31. Juli und 1. August 2004 mit einer großen Konzertveranstaltung und Fußballspielen des Berliner Heimatvereins Hertha BSC statt.
Im Osten markieren zwei große Pfeiler das Olympische Tor. In westlicher Richtung befindet sich das Marathontor mit der Schale des Olympischen Feuers, das den Blick auf den Glockenturm freigibt. An den Wänden des Marathontors sind Tafeln mit den Namen der Olympiasieger von 1936 angebracht. Die geringe Außenhöhe des Stadions ist noch heute beeindruckend.
Neben den Fußballspielen des Hauptnutzers Hertha BSC finden im Olympiastadion regelmäßig weitere Sportveranstaltungen statt. Seit 1985 findet hier beispielsweise das jährliche Finale des DFB-Pokals statt, bis 2009 auch das Finale der Frauen. Das Stadion war 2006 mit sechs Spielen inkl. Finale wichtige Spielstätte der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. Die Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin wurde ebenfalls im Olympiastadion ausgetragen.
Auch nichtsportliche Großveranstaltungen wie Kirchentage und Konzerte finden in der Arena statt. Im September 2011 feierte Papst Benedikt XVI. bei seinem Deutschlandbesuch eine Messe im Berliner Olympiastadion, das übrigens über die größte Stadionkapelle der Welt verfügt.